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Erstellt von Brigitte Sesselmann | | Bürgerbegehren Flächenstopp

Kommentar: Bürgerbegehren „Nürnberg grün und lebenswert“

Grundsatzbeschluss gefasst, aber es kommt auf die Ernsthaftigkeit der Umsetzung an. Für Bürger wird diese schwer nachvollziehbar sein. Kommentar zum Stadtratsbeschluss vom 14.06.2023

Grundsatzbeschluss Nürnberg grün und lebenswert

Da hat der Stadtrat also am 14.06.2023 einen Grundsatzbeschluss gefasst, der exakt den Wortlaut eines angestrebten Bürgerbegehrens übernimmt und dieses mit keinem Wort erwähnt. Ein Erfolg ist es für das breite Bündnis „Nürnberg grün und lebenswert“ trotzdem. Lange hat es sich ernsthaft damit auseinandergesetzt, wie eine weitere Flächeninanspruchnahme und somit meist Versiegelung zukünftig verhindert werden könnte. Dass man dabei Bezug nehmen muss auf die kommunale Bauleitplanung war Vorgabe der beratenden Juristen. Zu dieser „Bauleitplanung“ gehören zum einen Bebauungspläne, die für alle rechtsverbindliche Planung (Gesetz) und der „vorbereitende“ und „behördenverbindliche Flächennutzungsplan.

Bürgerbegehren nicht benannt

Mit keinem Wort wird beim Beschluss das Bürgerbegehren oder das Bündnis der Bürger genannt, sondern nur Gespräche mit Initiativen erwähnt. Wir können jedoch davon ausgehen, dass ohne die Bemühungen des Bündnisses dieser Beschluss nicht gefasst worden wäre. Obwohl man nun den Stadtrat künftig für die Sache in die Pflicht nehmen kann, muss man sich auch fragen, was nun tatsächlich Grundlage des Beschlusses ist und was die Stadtratsfraktionen bewogen hat diesen aus angeblich freien Stücken zu treffen.

Sachverhaltsbericht Grundlage für Beschluss

Ein Sachbericht, der von der Verwaltung zum Beschluss vorgelegt wurde verdient deshalb eine genauere Betrachtung:
Nach dem inzwischen üblichen Selbstlob für die erfolgreiche Stadtentwicklungsarbeit der Verwaltung wird bekräftigt, dass der „wirksame Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan“ die Grundlage des Verwaltungshandelns ist. Also der Flächennutzungsplan (FNP) von 2006, bei dessen Bearbeitung zahlreiche, gerade den Klimaschutz betreffende Untersuchungen noch nicht vorlagen. Das Bündnis hatte gefordert, dass der Flächennutzungsplan auf Grundlage dieser inzwischen lange vorliegenden Klimagutachten geprüft und neu aufgestellt wird. Da könnte das Ergebnis durchaus sein, dass Flächen für die Gesundheit künftiger Generationen und den Umweltschutz als Siedlungsflächen ganz gestrichen und für Grünflächen, bzw. unversiegelte Flächen vorgesehen werden müssten.

Bericht über Flächenentsiegelung

Danach wird mit Zahlen beeindruckt für Flächenentsiegelung und Sicherung von Grünflächen, deren Belege aber fehlen. Denn bei der in der Bauleitplanung entstandenen Flächen handelt es sich oft um vorher unversiegelte landwirtschaftliche Flächen oder um Brachflächen, auf denen vorher jahrelang spontanes Grün für gutes Raumklima sorgen konnte. Oder der Verweis auf einen Masterplan Grün, der sich bekanntlich nur um bestehende Flächen kümmert und dessen Maßnahmenplan überwiegend selbstverständliche Unterhaltspflege aufzählt. Ein Konzept „grüne Finger“ aus dem z.B. jetzt geflissentlich der St. Leonharder Friedhof gestrichen wurde, weil man bemerkt hat, dass er inzwischen eingebaut ist. (vgl. https://www.nuernberg.de/internet/umweltamt/freiraumkonzeptnuernbergersueden.html )

Beschlossene Baulandflächenentwicklungen werden vom Beschluss ausgenommen

In Umsetzung befindliche Flächen werden vom Beschluss sowieso ausgenommen. Dazu muss man wissen, dass es sich eh um die letzten großen überhaupt möglichen Ansiedlungsflächen handelt. Da geht es bei den 33.600 m² angeführten Flächen fast überwiegend um jetzt schon unversiegelte, meist landwirtschaftliche Flächen. Der ökologische Gewinn kann bei Gestaltungen von solchen öffentlichen Grünflächen eh angezweifelt werden, wenn man sich den hochgelobten „Quellepark“ anschaut.

Nachvollziehbare Bilanzierung fehlt, Entsiegelung wird nicht angesprochen

Das Bündnis forderte nicht nur ein Versiegelungsstopp, sondern auch eine nachvollziehbare Bilanzierung. Eine Bilanzierung, die auch bei Neubau-Projekten innerhalb bebauter Gebiete nachweist, wie dem Klimaschutz und der Entsiegelung Rechnung getragen wird. Denn erst, wenn man ernsthaft neue Grünflächen in der Stadt entstehen lässt und dafür Siedlungsflächen aus der Bebauung nimmt, kommt man dem Ziel von gesunden Wohn- und Lebensverhältnissen für alle Bürger etwas näher. 20 qm pro Einwohner im Geschosswohnungsbau für öffentliche Grünflächen sind der Orientierungswert. Von diesem sind die Stadtteile mit überwiegenden Mehrfamilienhäuser, wie St. Leonhard, Gostenhof und die gesamte Südstadt (momentan durchschnittlich 2 m²/Einwohner) meilenweit entfernt. Dieses Grünflächen-Defizit liegt auf dem Tisch und wird mit jeder neuen Studie (Freiraumkonzept Nürnberger Süden) nur wiederholt aber nicht bewältigt.

Beschluss mit Berechtigung „Weiter so“

Mit dem Beschluss holt sich die Verwaltung auch gleich noch die Berechtigung für ein „Weiter so“ mit dem Flächennutzungsplan, den man seit 2006, also in 17 Jahren immerhin über 16 x geändert und angepasst hat. Statt einer kritischen Überarbeitung des FNPs im Hinblick auf Klimaschutz, holt man sich einen Freibrief für weitere Versiegelungen durch den Grundsatzbeschluss, dem Bekenntnis zum aktuellen FNP. Die Empfehlung des Bundes lautet im Übrigen, dass ein FNP spätestens alle 15 Jahre überprüft werden soll.

Bündnis bleibt und wir haken nach

Deshalb wird es das unbequeme Bündnis weiter geben und Stadträte werden das Nachhaken, auch öffentliches, aushalten müssen. Da hilft auch ein Klimaschutzfahrplan nichts, der in massenhaft aufgegliederten Maßnahmen Augenwischerei betreibt. Die Stadträte sollten sich im Klaren sein, dass es bei ihren Bürgern nicht nur um dummes Stimmvieh handelt und die derzeit aktiven Gruppierungen miteinander kommunizieren.

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